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Gewichtszunahme begreifen und managen!
Was fällt dir spontan zu dem Begriff „Gewichtszunahme“ ein. Einfach so, ad hoc, ohne großartig darüber nachzudenken. Was kommt dir als erstes in den Sinn?
Vielleicht sind es Gedanken, wie „oh Gott“ oder „nnnneeeeIIIINNNN!“. „Bloß nicht zunehmen, ich möchte schlank und fit sein!“ Oder sind es doch positive Assoziationen, die sich in dir auftun? Ist es sowas wie: „ja, endlich mehr Masse!“ „Lass‘ den Bizeps wachsen“ und „Cheat-Day!“ – vielleicht kamen schlichtweg überhaupt keine Assoziationen bei diesem Begriff auf.
Egal, wo du dich bei diesem Thema gerade positionierst – in diesem Artikel möchte ich dich einladen zu verstehen, wie Gewichtszunahme passiert, wovon sie abhängt und, ob sie gesundheitlich wirklich so schädlich ist, wie intuitiv vielleicht vermutet.
Es fällt schwer ins Gewicht – dick, von Kindesbeinen an
Wie vielleicht der ein- oder andere von euch bestimmt erlebt hat – Gewicht zuzulegen gehört zum Leben dazu. Zumindest, wenn man aus dem wenige-Kilogramm-auf-den-Rippen-Stadium des Babytums herauswachsen möchte – spätestens dann legt man ordentlich an Gewicht zu.
Trotz, dass sich Oma Erna und der Kinderarzt in ihrer Euphorie gegenüber der Entwicklung der kleinen Racker fast schon einen Kampf geliefert haben hinsichtlich dessen, wer sich mehr darüber freut, fällt zu viel des Guten eben auch, nun ja, ins Gewicht – wortwörtlich.
Heutzutage steigt die Zahl der übergewichtigen Kinder rasant an. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) publizierte im März des Jahres 2024 Daten aus dem Jahre 2022 zum Thema Übergewicht. Der Statistik entsprechend waren 2022 einer von acht Bewohner dieses Planeten übergewichtig [1]. Seit dem Jahr 1990 habe sich die Zahl übergewichtiger Jugendlicher vervierfacht und generell lebten nun satte 390 Millionen Kinder und Jugendliche im Alter von 5-19 Jahren mit Übergewicht [1]. Ganz grob überschlagen entspricht das etwa der Einwohnerzahl Südamerikas (mit 440 Millionen) [2]. Den aktuellen Daten entsprechend, ist eine Steigerung des kindlichen Übergewichts vor allem in einkommensschwachen und mittelständischen Regionen ein Problem. Gleichzeitig leiden Bewohner dieser Länder unter einer Mangelversorgung [3].
Definiere: Gewichtszunahme
Definitionen von allerlei Dingen ist eine feine Sache: es bringt alle auf den gleichen Stand, jeder weiß dann, worüber gesprochen wird.
In einfachen Worten: Man versteht, worum es geht.
Und hier möchte ich einmal einwerfen, dass Gewichtszunahme nicht gleichbedeutend ist mit Übergewicht, mit Essstörungen oder mit ungesund. Kann es sein, dass diese Komponenten eine Rolle bei der Gewichtszunahme spielen? Sicherlich! Ist es die gesamte Wahrheit? Sicherlich nicht!
Im Gesamtkontext der Gesundheit ist Gewichtszunahme jedoch definiert, wenn es gesundheitliche Konsequenzen hat. Nämlich dann, wenn es in die Richtung des Übergewichts geht. Ich möchte hier einmal einen Auszug aus einem Buch der pädiatrischen, also der Kinderendokrinologie, anführen:
“Accumulation of excess adipose tissue or fat is defined as obesity. Body mass index (BMI) is used as a reliable tool for the assessment of the severity of obesity. There are a multitude of causes of weight gain, including endocrinologic diseases, neurologic conditions, psychological concerns, medication-induced weight gain, and the rare causes of monogenic obesity in which single genes are involved.” [4]
Grundsätzlich betrachtet die Medizin also die Gewichtszunahme im Kontext der Zunahme von Fett, welches erwiesenermaßen die schlechtesten Karten spielt, wenn es um unsere Gesamtgesundheit geht.
Die WHO bringt uns noch ein Wenig mehr Licht ins Dunkel der Definition von Gewichtszunahme.
Wir bewegen uns, laut der WHO, mit unserem Gewicht in einem messbaren Korridor, welcher einschätzen soll, ob wir uns in einem gesundheitlichem Risikofeld befinden oder ob alles okay-dokay-ist.
Der Body-Mass-Index (BMI): Verräterischer Wert
Willkommen in der Welt des Body Mass Index – dem allseits geliebten BMI.
Zur Ermittlung des BMI bedarf es lediglich zweier Daten: des eigenen Körpergewichts und der Körpergröße. Eine einfache Formel ermöglicht dann einen Vergleich mit einer bereits existierenden Normtabelle und die Einschätzung, in welchem Bereich man sich gerade so befindet. BMI=Körpergewicht (kg) / Körpergröße (cm) *Körpergröße (cm)
Der WHO zufolge gilt man als untergewichtig, sofern ein BMI von weniger als 18.5 kg/cm^2 erreicht wird. Alles darüber, bis zu einem Wert von 25 kg/cm^2 gilt als Normalgewicht.
Die Kategorie Übergewicht begegnet einem ab dem BMI von 25 – 29.9 kg/cm^2.
Der Status „Übergewicht“ ist dann unterteilt in verschiedene Klassen. Ab einem BMI von 30 kg/cm^2 gilt man als Adipös. [5]
Heutzutage gibt es verschiedene Rechner, die einem diese mathematische Kalkulation abnehmen, wie zum Beispiel diesen kostenlosen BMI-Rechner der TK-Krankenkasse [6].
Der BMI und die immerwährende Kritik daran
Wie man sieht, ist diese Methode der Kategorisierung eines Menschen und dessen Gesundheit, anhand lediglich zweier Parameter zwar effizient, jedoch sicherlich in der Qualität noch ausbaufähig. Experten behaupten, dass der BMI zur Evaluierung von Gesundheitszwecken sogar so fehl am Platz wäre, dass man damit nicht einmal aus Populationsstudien und aussagekräftige Schlüsse ziehen dürfte [7]. So wird häufig zur Veranschaulichung der Problematik folgendes Beispiel angeführt: 120 kg Körpergewicht, 180 cm Körpergröße führt zu einem BMI von 37 kg/cm^2. Damit fällt man automatisch in die Kategorie Übergewicht. Bloß fragt dabei niemand nach, welche Grundlage diese 120 kg haben: wenn ich dir sage, dass es sich bei diesem Kerl um einen professionellen Boxer handelt, welcher ein Muskelprotz schlechthin ist, bedeutet das wahrscheinlich für die Interpretation andere Schlussfolgerungen, als wenn ich sage, dass es sich um tatsächliches Übergewicht in Form von Fett handelt.
Daher gibt es einen weiteren Wert, welchen man erheben könnte, der die Aussagekraft noch steigern könnte: Den Bauchumfang.
Ein Parameter mit hoher Aussagekraft: der Taillenumfang
Bereits 1956 wurde darüber publiziert, dass es (in dem Fall vorläufig bei Männern) auf den Umfang der Taille ankommt, sofern die gesundheitlichen Risiken von Übergewicht abgeschätzt werden sollen [8]. Je höher dieser Wert, umso stärker die Assoziation mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Mellitus Typ 2 und schlussendlich auch frühzeitigem Tod. Aber nein, wir Frauen sind nicht davor bewahrt, auf unseren Taillenumfang zu achten. Längst ist klar, dass abdominelles Fett, welches sich auf Höhe des Bauchnabels ansammelt, das wahrscheinlich gefährlichste Fett in unserem Organismus ist (gilt sowohl für Männer als auch für Fauen) [9].
Unlängst appelliert die internationale Adipositas Gesellschaft (international adipositas association) an den Gesundheitssektor, den BMI um den Parameter „waist to hip ratio“ (WHR) zu ergänzen. Der WHR vergleicht den Taillenumfang mit dem Hüftumfang und ermittelt dadurch den Anteil an abdominellem, also Bauchfett.
Fett ist nicht gleich Fett
Wenn man sich Fett einmal nähert (Für Liebhaber eines Butterbrotes vielleicht lieber mit Mundschutz 😉), dann ist etwas Spannendes zu erkennen: es gibt Unterschiede nicht nur in der Verteilung des Fetts im Organismus, aber damit einhergehend auch mit der Art des Fetts. So ist das so genannte viszerale Fett, welches sich gerne unseren Organen anschmiegt und den klassischen Bierbauch formt gesundheitlich gesehen stärker zu fürchten, als das ästhetisch vielleicht unschönere, Unterhautfettgewebe.
Das Unterhautfettgewebe – ein lästiges Polster für schlechte Zeiten
Das Unterhautfettgewebe ist, so denke ich, in unserer westlichen Welt eines der am stärksten „gemobbten“ Gewebe unter gesunden Menschen. Man kann schon behaupten, dass dieses Fett mit dem stärksten Shitstorm, Rassismus und strategischem Vernichtungsvorhaben unserer Zeit zu kämpfen hat.
Wenn du hier begonnen hast, nicht wenigstens ein bisschen Mitleid mit unserem Unterhautfettgewebe zu verspüren, versuche ich es auf eine andere Weise: nämlich mit dem eigentlichen, funktionellen Grund, weshalb wir das Fett akkumulieren. Gleichzeitig klären wir die Tatsache auf, warum es so widerspenstig sein kann und uns manchmal länger als uns lieb ist, begleitet.
Wie es zur Gewichtszunahme kommt und warum unsere Fettdepots eigentlich gut sein können
Wer kennt es nicht: Weihnachten ist vorbei, man hat wieder einmal ordentlich zugeschlagen und nun sieht man sich im Frühjahr mit einer kleinen Problematik konfrontiert – die leichte Garderobe für warme Tage ist a) entweder über den Winter eingegangen oder b) wir haben ein paar Pfund zugelegt. Mit unserem logischen Verstand versuchen wir natürlich Gründe für a) zu finden (Temperatur, Faserstruktur, Materialmix), unsere Intuition lässt uns aber mit einem kritischen Blick in den Spiegel Antwort b) bestätigen.
Eigentlich haben wir uns damit schon die Frage nach dem Ursprung und der Funktion des Fettgewebes beantwortet: Das Einlagern von zusätzlicher Energie, die wir über einen „fruchtbaren“ Zeitraum zu uns geführt haben, auf welche wir dann in „schlechteren“ Zeiten zugreifen könnten.
Relativ logisch: wenn wir mehr essen, als wir verbrauchen (gesprochen von Energie in Form von Nahrung), so kommt es zu einer energetisch effizienten Einspeicherung dieser Energie. Unser Organismus ist also schon weiter als der Markt der erneuerbaren Energien: diese können zwar die Energie erzeugen und an die Verbraucher weiterleiten, jedoch ist die effektive Speicherung der erzeugten Energien immer noch limitiert. Physiologie schlägt Innovation – vielleicht kann sich der Sektor ja bei den Fettzellen etwas abschauen?
Fettzellen, medizinisch auch Adipozyten genannt, können frei in der Blutbahn zirkulierende Fettsäuren, die zuvor durch unseren Verdauungstrakt losgelöst worden sind, speichern. Dies geschieht in kleinen Blöcken von je 3 Fettsäuren und 1 Glycerol als Halteelement und nennt sich dann entsprechend Tri-glycerid. [12]
So wie es in unseren Smartphones limitierten Speicherplatz gibt, um unsere ganzen Dokumente, Bilder, Filme, APPs und Katzenvideos zu speichern, ist der Anzahl der Adipozyten ebenso eine Grenze gesetzt. Genetisch determiniert sind sowohl die Teilungsfähigkeit, die Verteilung der Adipozyten und letztlich auch die Kapazität der Fettzellen im Unterhautfettgewebe (und damit der „gesünderen“ Variante der Energiespeicherung. In früheren Zeiten, da wir eher mit Hungersnöten und damit längeren Fastenzeiten zu kämpfen hatten, war das auch nicht weiter ein Problem. Eher umgekehrt: je mehr Speicherkapazität vorhanden war, umso länger konnte man überleben, bis zum nächsten Jagderfolg. Heutzutage gibt es nur noch seltene Fälle, wo es ums wahre Überleben geht (gesprochen von der westlichen Welt). Demnach findet eine tendenzielle Übersättigung unserer Energiespeicher statt.
Wohin denn nun mit dem Exzess?
Abdominelles, viszerales Fett – unser 1TB-Upgrade der Cloud
Es gibt verschiedene Szenarien, die uns dazu zwingen könnten, unseren Unterhautspeicher zu erweitern (nach dem Vorbild eines Speicherplatzupgrades in der Cloud):
- Wir haben es uns über Jahre hinweg so richtig gut gehen lassen, haben ungehemmt Desserts, Süßgetränke, etc. willkommen geheißen und damit unsere Adipozyten schlichtweg einfach schon übersättigt.
- Wir empfinden ein hohes Pensum an Stress, welches zu einem chronisch erhöhten Level am Stresshormon Cortisol führt. Das wiederum beeinträchtigt die Funktion der Adipozyten im Unterhautfettgewebe (neben vielen weiteren gesundheitlich beeinträchtigenden Folgen, dazu aber mehr an anderer Stelle). [13]
- Es gibt eine Veranlagung oder eine Grunderkrankung, die die Präferenz der Fettakkumulation verschiebt.
Das „Ziel“ ist dasselbe: Die überschüssige oder zugeführte Energie wird um unsere Organe eingelagert. So genanntes viszerales Fett dehnt sich aus.
Warum unsere Organe kein Fett mögen
Unsere Organe sind eigen. Sie sind ein bisschen wie der Kapitalismus: so lange jeder sein eigenes Ding durchziehen kann und entsprechend das geliefert bekommt, was nötig ist, ist jeder Produktiv und leistet seinen Beitrag – für das eigene Interesse, welches dem Allgemeinwohl zugutekommt. Wenn die Freiheit und der Individualismus eines Organs jedoch beeinträchtigt werden – zum Beispiel durch Fettzellen, die auf Kuschelkurs sind und sich an die Organe und Muskeln anschmiegen – wird es kritisch: die Leistung nimmt ab, die Effizienz ist beeinträchtigt, es gibt Engpässe in den Zulieferungen und den Prozessen. Und das schlägt sich natürlich auf dem „Globalmarkt“, also unserem gesamten Körper, nieder.
Manche Organe benötigen jedoch einen leichten Schutzmantel (als Analogie dazu vielleicht als Subventionen zu sehen?) – Beispiele dafür sind die Nieren, die sich in einem Fettpolster eingeschlossen befinden. Ganz anders ist dabei jedoch die Physiologie und der Typ der Fettzellen. Und dementsprechend auch die gesundheitliche Einflussnahme. So ein paar gezielte Subventionen stören die kapitalistische Marktwirtschaft ja auch nicht, können unter einem sozialen Gesichtspunkt betrachtet auch vollkommen gut zu werten sein.
Was macht das viszerale Fett nun denn so gefährlich?
Viszerales Fett haben wir alle so ein bisschen – Männer ungefähr 10-20% des abdominellen Fetts, Frauen 5-8% des Bauchfettanteils, wobei der Anteil mit ansteigendem Lebensalter zunimmt [14].
Studien zur Folge ist das viszerale Fettgewebe inflammatorisch aktiv, heißt: es unterhält einen Entzündungszustand und behält sich im Vergleich zum Unterhautfettgewebe eine größere Anzahl an Entzündungszellen vor [10,11]. Entzündungszustände im Körper sind generell assoziiert mit den verschiedensten Erkrankungen, welche in aktuellen Zeiten unsere westliche Welt dominieren. So sind Krankheiten wie Diabetes Mellitus Typ 2, Bluthochdruck, Übergewicht mit chronischen Entzündungszuständen assoziiert. Generell führt dies ultimativ nicht nur zu der Krankheit selbst und den begleitenden Erkrankungen, die mit solchen einhergehen, auch fatale Endpunkte, wie frühzeitiger Tod sind hiermit verbunden [23].
Auch sind im Unterschied zum Unterhautfett, im viszeralen Fettgewebe die Adipozyten vom Typus größer und „aufgesättigt“. Beides spiegelt sich in der physiologischen Funktionalität wieder, die sich signifikant unterscheiden lässt: während die im Unterhautfettgewebe vorkommenden Adipozyten klein und flexibel sind und nach dem Essen das Fett auf einen adäquaten Reiz (Insulinausschüttung) aufnimmt und somit aus der Blutzirkulation herausfischt, sind die großen Adipozyten eher von einer Lethargie gekennzeichnet. Sie achten auf keine Signale und nehmen ungern bis gar keine Fette auf, sind indes eher gewillt, von ihren Depots verschiedene Moleküle und Fette abzusondern. [15]
Solche Moleküle, die AKTIV von Fettzellen hergestellt werden, nennen sich Adipokine. Es sind mehr als 50 solcher Moleküle bereits entdeckt worden [16]. Die Funktion dieser Moleküle ist unterschiedlich und immernoch nicht bis ins letzte Detail verstanden worden. Die verschiedenen Einflüsse belaufen sich aber auf den Appetit, die Immunität, die Insulinsensitivität, die Neubildung von Gefäßen, den Fettstoffwechsel, sogar den Blutdruck. In Personen mit Diabetes und Übergewicht zeigten sich Adipokine als pro-inflammatorisch, also entzündungsfördernd. [20]
Außerdem sind an den Fettzellen Rezeptoren angebracht, die Signale von außen Empfangen. So wie wir Antennen an unser Dach anbringen (okay, heutzutage vielleicht nicht mehr so oft), um einen Empfänger für spezifische Signale (Fernsehsender) zu haben, so verfügen diese Zellen Rezeptoren, um die „latest News“ des Organismus mitzubekommen. Und auch in der Verteilung und Dichte der Rezeptoren unterscheidet sich das Subkutanfett von dem viszeralen Fett. Zum Beispiel ist die Sensititvität der viszeral gelegenen Adipozyten gegenüber Adrenalin (einem kurzzeit-Stresshormon) viel höher, als im Subkutangewebe. Auch die Konzentration an Kortikoid Rezeptoren ist im viszeralen Fettgewebe höher, was eine höhere Sensitivität bei chronischen Stresszuständen bedeutet. [17,18]
Es sei hierbei zu unterstreichen, dass aufgrund der anatomischen Nähe des viszeralen Fetts zur Leber, eine Aktivierung und Aussendung von Fettsäuren aus dem Fettgewebe ein schnelles Anfluten in der Leber bedeutet. Gleichzeitig kurbelt es in der Leber einen Entzündungsprozess an [19].
Freie Fettsäuren, die durch solche Prozesse vermehrt vom viszeralen Fett ausgesandt werden, sind indes assoziiert mit einer höheren Insulinresistenz. Das bedeutet, dass bei einer Nahrungsaufnahme, bei welcher Insulin immerzu von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet wird, die Funktion als Speicherzellen durch die Fettzellen nicht erfüllt wird. Das Insulin kann die Adipozyten nicht dazu motivieren, Zucker und Fettsäuren in sich aufzunehmen. Im Gegenteil, die Fettzellen des Abdomens, senden sogar noch Fettsäuren aus ihrem Speicher aus. Das Problem dabei ist: das Blut ist übersättigt mit freien Fettsäuren, was nicht nur zur Veränderung der Blutkonsistenz führt, sondern über die Induktion von Entzündungszuständen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse und die Manifestation des so genannten metabolischen Syndroms (Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht) steigert. [12,21,22]
Wir haben hier also bereits gelernt: Fett ist nicht gleich Fett und Fett ist auch nicht ein passives Gewebe. Durch die Aussonderung verschiedener Moleküle (Adipokine) greift es in das metabolische Gleichgewicht unseres Organismus ein. Es signalisiert auch unseren Ernährungszustnad und fördert das Sättigungsgefühl. Dies trifft vor allem für das „gute“ Subkutanfett zu.
Wir haben darüber hinaus das viszerale Fett kennengelernt, welches sich nicht mehr von dem subkutanen Fett unterscheiden könnte. In der Gestalt, aber besonders in der Funktion, dominiert hier eine Anarchie, die einen ungesunden, entzündeten und metabolisch fehlgesteuerten Organismus unter dessen Regierung hervorbringt.
Generell sei jedoch gesagt, dass das viszerale Fett besser auf Gewichtsreduktionsvorhaben reagiert, als das Subkutanfett [24]. Auch nimmt der generelle Entzündungszustand im Körper mit jedem Kilogramm Gewichtsreduktion ab [25]. Aber das Thema rund um die Gewichtsabnahme wird an anderer Stelle besprochen 😉.
Mythos: Fett macht Fett. Wie funktioniert unser Metabolismus und warum wir Dogmen immer kritisch hinterfragen sollten!
Wir haben nun ein Wenig verstanden, was sich da in uns ansammelt, wenn wir ein wenig zu viel von den Nahrungsmitteln, die die Lebensmittelindustrie und anbietet, vernaschen. Nun wollen wir Klarheit darüber erlangen, was bei einer Gewichtszunahme überhaupt passiert, ob es Faktoren gibt, die die Gewichtszunahme beeinflussen und auch verstehen, wie unser Organismus auf unterschiedliche Lebensstil- und Ernährungsformen reagiert. Ziel dieses Kapitels ist es, mit Halbwahrheiten aufzuräumen, Klarheit darüber zu bekommen, wie unser Körper so funktioniert und schlussendlich selbst identifizieren zu können, an welcher Stellschraube gedreht werden kann, um Gewichtszunahme zu vermeiden oder womöglich auch gesund Gewicht zuzunehmen.
Eine Einführung in unseren Metabolismus
Eine ganz simple Aufstellung, die Zurate gezogen wird, wenn man sich über die Funktionsweise unseres Metabolismus unterhält, sind thermodynamische Grundsätze.
Wir haben uns darüber schon eingangs unterhalten: die Energie, die wir unserem Organismus zuführen, steht in Balance zu der Energie, die wir verbrauchen. So folgt entweder eine positive, eine gleichbleibende oder eine negative Energiebalance. Das lässt sich wiederum konkret darin übersetzten, ob wir Gewicht zunehmen, unser Gewicht stabil bleibt oder wir Gewicht abnehmen.
So die Theorie.
Die Realität ist ein bisschen komplizierter und lässt sich anhand dieser thermodynamischen Prinzipien sicherlich grob, aber nicht vollkommen abbilden.
Es gibt einige Begriffe, die wir im Zusammenhang mit der Erläuterung der Funktionsweise unseres Metabolismus, also der Umsetzung von Energieelementen, die wir in Form von Nahrungsmittel zu uns führen, verstehen müssen:
- Energiezufuhr (Energy Intake (EI)) à Die Energie, die wir uns (täglich) zuführen, durch Nahrung. Zumeist gemessen in Kilokalorien (kcal), beziehungsweise in Kilojoule (KJ).
- (24h)-Energieverbrauch (Energy Expenditure – EE) à So viel Energie wird an einem Tag von unserem Organismus verbraucht (insgesamt). Determinierende Faktoren, wie hoch unser Tagesumsatz an Energie ist, sind hauptsächlich Körpergewicht, Körperkomposition, aber auch Alter, Geschlecht, Ethnie und Glukosetoleranz und Abstammung (genetisch) [26, 27].
- Bewegungsinduzierter Energieverbrauch (physical activity EE) à Die Energie, die mittels Bewegung verbraucht wird.
- Respiratorischer Quotient (RQ) à Ist ein Parameter, der Aufschluss darüber gibt, wie das Verhältnis von Zuckerverbrennung zu Fettverbrennung ist. Prinzipiell sagt es darüber aus, wie einfach auf die Fettreserven zurückgegriffen werden kann, wenn wir uns in einer Fastenphase befinden.
- Ruhestoffwechsel (Resting Metabolic Rate – RMR) à Der Energieverbrauch, den man in Ruhe hat. Einfach aufgrund dessen, dass lebenserhaltende Funktionen aufrecht erhalten werden, wie z.B. Herzschlag, Atmung, Zwinkern.
- Thermogenetischer Effekt von Essen (Thermogenetic Effect Of Food (TGEF) à Das Phänomen, wie flexibel der Metabolismus auf die Nahrungszufuhr reagiert und diesbezüglich seine Aktivität steigert. In Personen mit Übergewicht, konnte gezeigt werden, dass dieser Anstieg in der Aktivität (welcher selbst wiederum Energie verbraucht), vermindert ist. [30]
Unser Organismus ist äußerst klug. Obwohl wir sicherlich eine Annäherung unseres täglichen Energieverbrauchs ermitteln können, reagiert unser Körper auf Nahrungszufuhr und Nahrungsknappheit flexibel. Kurzzeitige Anstiege bei der Zufuhr von Nahrung und kurzzeitige Abnahmen bei Fasteneinheiten sind erkennbar [28]. Die Art und Weise, wie der einzelne Metabolismus auf solche Einschnitte in die „Routine“ reagiert, legen nahe, wie sich langfristig der Körper an vermehrte oder verminderte Energiezufuhr einstellt [29] und wie schnell damit Gewichtsverlust oder Gewichtszunahme passieren wird.
Außerdem ist gezeigt worden, dass sich bei einer längeren Phase der verminderten Energiezufuhr auch der Metabolismus anpasst. Dieser arbeitet dann eben „effizienter“ und der tägliche Energieverbrauch passt sich den neusten Umständen an und läuft quasi auf Sparflamme. [31]
Je geringer dieses Adaptationsphänomen, also je geringer die Anpassung an die neuen Energieressourcen, umso eher war eine zukünftige Gewichtszunahme (in einem 6-monatigen Intervall) zu verzeichnen [32].
Das ist eigentlich äußerst interessant. Auf der einen Seite ergibt es Sinn, dass Personen mit einem niedrigeren Energieumsatz, die die Energiezufuhr erhöhen dann auch eine Steigerung des eigenen Körpergewichts zu verzeichnen haben. Andererseits ergibt es in erster Linie keinen wirklichen Sinn, wenn der Energieumsatz, relativ zur Energiezufuhr geringer fällt. Das ist ja gleichbedeutend, wie wenn der Energieumsatz höher ist, als die Energiezufuhr und es müsste langfristig in einer erfolgreichen Gewichtsabnahme resultieren.
Darauf hat die Wissenschaft auch eine Antwort: Die Korrelation zwischen EE und EI – also der Energiezufuhr und dem Energieverbrauch. Diese sind nämlich miteinander insofern verbunden, als dass gesehen worden ist, dass bei einer Steigerung des Energieverbrauchs die entsprechende Energiezufuhr KOMPENSATORISCH gesteigert worden ist. Beziehungsweise: ist die Energiezufuhr gedrosselt worden, so verringerte sich auch zunehmend die Spontanaktivität. [33]
Fazit: Es gibt also einige Erklärungen, wie es zur Gewichtszunahme kommen kann. Faktoren, die mehr oder weniger beeinflussbar sind, spielen eine große Rolle. Trotz der intensiven Beforschung des Metabolismus, ist man sich in manchen Fällen dennoch nicht gänzlich im Klaren darüber, wie es bei individuellen Personen zur Gewichtszunahme gekommen ist. Eines ist jedoch sicher: Wer über einen längeren Zeitraum mehr isst, als er verbrennt, nimmt zu.
Doch ist zunehmen immer schlecht?
Gewichtszunahme - aber hallo!
Manche von uns kann es gar nicht in den Kopf gehen, auf welchem Planeten man sich wünschen könnte, gerne an Gewicht zuzunehmen. Doch es gibt sie: die Unerschrockenen oder: Knochentrocken (wer kennt MarioKart noch???).
Dabei ist natürlich stark zu differenzieren, welche Art an Gewichtszunahme man sich wünscht. Neben dem besprochenen Fett, kann auch die Vermehrung von anderem Gewebe zu einer netto-Gewichtszunahme führen: zum Beispiel der Aufbau von Muskulatur!
Da die Ausarbeitung vom Themengebiet „Muskulatur“ und auch des Aufbaus dieses Gewebes den bereits schon umfangreichen Beitrag in die Unendlichkeit ausdehen würde, möchte ich hier nur ganz kurz die wichtigsten Faktoren anreißen.
Was unsere Muskeln lieben
Muskulatur liebt es, verwendet zu werden. Ganz nach dem Motto: wer rastet, der rostet, sind unsere Muskeln von zwei wichtigen Komponenten ganz besonders angetan:
- Krafttraining
- Proteinzufuhr
Die Kombination dieser zwei Elemente ist für den Erwerb von Gewichtszunahme in Form von Muskelmasse am wichtigsten.
Das Krafttraining sollte einen adäquaten Stimulus zum Wachsen bieten und mit steigender Kompetenz ebenfalls intensiviert, angepasst und verändert werden. Die Proteinzufuhr sollte möglichst alle essentiellen Aminosäuren beinhalten. Aminosäuren sind die Strukturelemente, aus welchen Proteine aufgebaut sind. Essentiell sind Nährstoffe, die wir lediglich über unsere Nahrung uns zuführen können.
Eine Richtlinie zu der täglichen Proteinzufuhr wäre für Personen über 65 von 1.2 – 1.59 g an Protein pro kg Körpergewicht pro Tag in Kombination mit entsprechendem Gewichttraining. Für Personen unter 65 gilt ein Richtwert von größer gleich 1.6 g an Protein pro kg Körpergewicht pro Tag. Die aktuellen Empfehlungen der Ernähungsgesellschaften und die WHO definieren eine tägliche Proteinzufuhr von circa 0.8-0.9g Protein pro kg Körpergewicht am Tag als ausreichend, sicher und gesundheitsfördernd [34,35]. Aktuelle Studienergebnisse weisen aber auf den potentiell protektiven und positiven Effekt von einer höheren Proteinzufuhr (1.2-1.6g/kgKG/d) hin [36].
Außerdem sollten die anderen essentiellen Komponenten, die auch die zelluläre Integrität aufrecht erhalten, nicht vergessen werden: Fette. Fette brauchen wir – aber die Richtigen! Es gibt tatsächlich Fettsäuren, die wir lediglich über die Nahrung aufnehmen können und die wir für eine Rund-Um-Gesundheit unbedingt in unseren Speiseplan integrieren müssen – egal ob aus „natürlicher“ Quelle oder als „Supplement“. Und hier soll einmal gesagt sein: Das Essen von fettreichen Lebensmitteln und Vollfettprodukten wird uns nicht per se fett machen – es kommt ganz auf die Gesamtenergiezufuhr an. Und ich spreche hier ganz absichtlich von der Energiezufuhr, da Kalorien nicht 1:1 das wiederspiegeln, wie Nahrung tatsächlich in unserem Körper umgesetzt wird und wie viel Energie aus dem Lebensmittel im Endeffekt unserem Organismus zur Verfügung steht. An anderer Stelle vielleicht mehr dazu.
Kleine Stoffe mit großer Wirkung - Spurenelemente und Mikronährstoffe
Hier möchte ich, neben den wahrscheinlich fundamentalsten Komponenten unseres Speiseplans (Proteine, Fette, Kohlenhydrate) noch ein Plädoyer für die Mikronährstoffe halten: Vitamine, Spurenelemente und Mineralien sind wichtige Spieler, die uns Langlebigkeit und Funktionalität bescheren.
Auch Mangel an solchen Substanzen kann zu einer Gewichtszunahme führen:
- FEHLFUNKTION Prozesse und Reaktionen in unserem Körper können nicht ordentlich ausgeführt werden, was unter Umständen zu Fehlprozessierungen und „Abfall“ auf molekularer Ebene führt, kann zu weiterführenden Funktionsstörungen und Entzündungszuständen führen.
- ÜBERKOMPENSATION Der empfundene Mangel wird in eine Signalkette umgesetzt, die dann weiterhin uns zur nächsten Nahrungsaufnahme mobilisiert. Auch dann, wenn wir eigentlich bereits an Übergewicht leiden, aber eine sehr einseitige Ernährungsweise führen. Überkompensatorisch wird dann versucht, Abhilfe zu verschaffen.
- HORMONMANGEL Auch unterschiedliche Mangelzustände an Hormonen oder die Imbalance im Hormonprofil können zu einer unerwünschten Gewichtszunahme (Fett) führen. Als Beispiel wäre hier die Schilddrüsenunterfunktion zu nennen. Die Schilddrüsenhormone unterstützten den Metabolismus insofern, als dass sie diesen ankurbeln und somit Aktivität ins System bringen. Bei fehlenden Schilddrüsenhormonen oder einem Mangel stellen sich Symptome ein, wie Lethargie, Kälteempfinden und Konzentrationsprobleme – alles Anzeichen für einen langsamen Metabolismus – welcher weniger Energie verbraucht.
Eine ausgewogene Ernährung, die alle Komponenten inkludiert (von Makro- über die Mikronährstoffe) mit einem besonderen Augenmerk auf die Proteinzufuhr in Kombination mit regelmäßiger körperlicher Aktivität (präferentiell Krafttraining) führt langfristig zu einer Gewichtszunahme an Muskulatur. Muskulatur gilt selbst wiederum als sehr stark metabolisch aktiv und verbrennt pro Zeiteinheit dadurch mehr Energie. Dieser Prozess steigert dann weiterhin den Energieumsatz und es kann langfristig sogar eine Gewichtsreduktion von Fett, bei gleichzeitigem Erhalt einer erhöhten Muskelmasse führen.
Einfluss des Lebensstils, der Psyche und der Umwelt
Was wäre dieser Beitrag ohne das Erwähnen der Psyche. Natürlich sollte hier einmal angesprochen werden, was die ursprünglichen Gründe für die Gewichtszunahme sind. Und wie wir eingangs definiert haben, ist die Gewichtszunahme ein Prozess, welcher einer Vielzahl von Einflüssen unterliegt. Beispiele dafür liegen dabei nicht nur in der Physiologie, also der Art und Weise, wie unser Körper bestimmte Nahrungsmittel verstoffwechselt und auch wie schnell oder langsam dies geschieht. Auch primär nicht offensichtliche Einflüsse bestimmen die Gewichtszunahme signifikant.
- Psychische Gesundheit und die Beziehung zum Essen
- Umwelt und Einflüsse aus unserem Alltag
- Der Lebensstil mit Ernährung, Bewegung und Schlaf
Wie kann unsere Psyche die Gewichtszunahme bedingen?
Emotionale beziehungsweise die psychische Gesundheit beeinflusst alltägliche Verhaltensweisen. Patienten, die unter Ängstlichkeit, Depression und Schlafstörungen leiden, kompensieren diese Problematik unter anderem auch durch Nahrungsaufnahme [40]. Solches kompensatorisches Essen ist generell unter dem Begriff des emotionalen Essens bekannt (emotional eating) und bewegt sich in einem ähnlichen Feld, wie Substanzmittelmissbrauch, also beispielsweise Alkoholkonsum.
Warum das so ist, liegt in unserer Biologie begründet. Und ganz besonders in wesentlichen Regionen unseres Gehirns, nämlich unserer Belohnungsschleife. Diese Regionen reagieren nämlich auf die Zufuhr von Nahrungsmitteln (ganz besonders stark bei solchen mit hohem Zucker- und/oder Fettgehalt) mit einer belohnenden Botschaft. Es werden Hormone ausgeschüttet, die uns wohlig stimmen. Unser Gehirn belohnt uns quasi dafür, dass wir etwas Gutes gegessen haben – und das stimmt uns, zumindest für einen Moment, glücklich. [38]
Spannenderweise ändert der Griff in den Süßigkeitenkorb nicht wirklich etwas an der empfundenen Stimmung (gilt auch für andere Substanzen) [39], was sich in einem sich wiederholenden und erhärtenden Teufelskreis wiederspiegelt. Auf die schlechte Stimmung drückt dann noch das schlechte Gewissen und man greift, zur Beschwichtigung der Nerven, wieder zur Schokolade.
Das emotionale Essen gilt dabei als Vorstufe zu anderen Essstörungen, wie beispielsweise der Binge Eating Störung oder Bulimie [37]. Dass in dieser Gruppe der Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen Gewichtsveränderungen in aufsteigender Richtung passieren, ist unschwer vorstellbar. Auch, wenn solche Personen einer radikalen Diät oder einer gewichtsreduzierenden Operation unterzogen werden, ohne, dass die psychischen Faktoren mitberücksichtigt werden, ist das Risiko hoch, dass eine wiederkehrende Gewichtszunahme auftritt. So konnte eine rezente systematische Analyse des Jahres 2021 zeigen, dass bei Risikofaktoren, wie zum Beispiel dem emotionalen Essen, einer von sechs Patienten wieder Übergewicht erlangt [43].
Welche Einflüsse aus der Umwelt fördern eine Gewichtszunahme?
Seien wir hier einmal ehrlich miteinander – wer einmal bei der nahen Verwandtschaft gewesen ist, egal ob es bei den Großeltern, den Tanten und Onkels oder den Cousins und Cousinen war, hat sicherlich einen reichlich gedeckten Tisch vor sich gesehen. Und mit reichlich, meine ich REICHLICH. Und – je nach kulturellem Hintergrund der Familie, wurde man mehr oder weniger dazu genötigt zu Spießen.
Da kann es schon einmal vorkommen, dass man über die Stränge schlägt. Warum?
Ein fabulöses Beispiel um nicht nur an die schönen vergangenen Zeiten erinnert zu werden, sondern sicherlich um auch ein Wenig besser zu verstehen, wie unser Umfeld unser Essverhalten beeinflussen kann.
„You are the average of the five people you spend the most time with“
– Jim Rohn
Das Zitat verdeutlicht folgendes: wenn dein nächstes Umfeld große Portionen normalisiert, wirst auch du große Portionen normalisieren und zu dir nehmen. Wenn dein Umfeld zum Frühstück, Mittag und Abend Döner isst, warum solltest du dich dem widersetzen? Wenn es nach dem Essen immer einen Nachtisch gibt, warum sollte man darauf verzichten? Vor allem, wenn du ganz genau weißt, dass noch reichlich Schokolade im Schrank darauf wartet, gegessen zu werden?
Als Kind übernimmt man die Verhaltensweisen, die im Elternhaus zu beobachten sind. Ohne Zweifel kann sich das dann im Laufe der Jahre und des Heranwachsens ändern. Manchmal tut es dies jedoch nicht, weil diese neuronalen Pfade einfach schon so gesehen „geebnet“ sind. Wollte man sich von nun an gesund ernähren, müssten neue Pfade geschaffen werden. Das dauert, verbraucht mehr Energie und Motivation und ist daher schwieriger in der Umsetzung. Ganz besonders, wenn das Umfeld da nicht mitmacht.
Um die „eigenen“ Gepflogenheiten also zu verändern, ist es ratsam das eigene Umfeld zu verändern. In eine Richtung, die die alte Gewohnheit schwieriger in der Umsetzung macht, und die neue fördert. Bedeutet das nun, dass man seine Eltern loswerden soll? Ja.
Nein, natürlich nicht.
ABER man könnte das Vorhaben mit den Eltern besprechen oder, wenn möglich, einen Auszug erwägen. Sei kreativ und achtsam, wie Menschen, das Umfeld und bestimmte Orte oder Situationen bei dir unterschiedliche Neigungen oder Gelüste auslösen.
Ist unser Lebensstil verantwortlich für den Anstieg auf der Waage?
Wer bis zu diesem Abschnitt vorgedrungen ist, weiß sicherlich, dass diese Frage eine eher rhetorische ist. Natürlich entscheidet unser Lebensstil darüber, wie sich unser Gewicht verändert.
Eine wichtige Komponente unseres Lebensstils ist – Schlaf.
Im digitalen Zeitalter ist keiner mehr so richtig vom Tageslicht abhängig. Geht die Lampe draußen aus, knipst man kurzerhand das Licht im Haus an, stellt den Bildschirm heller und gut ist.
Das birgt unterschiedliche Risiken, was der Wissenschaft nicht entgangen ist.
So schlafen heutzutage die meisten Erwachsenen Amerikas, Asiens und natürlich auch Europas weniger als die empfohlenen 7 Stunden, die für Gesundheitserhalt essentiell wären [41]. Hinzu kommen noch die 24/7 Ruf- und Produktionszeiten, die mit Schichtarbeit verbunden sind.
Durch diese Faktoren wird die innere Uhr verstellt, die inneren Abläufe, die in streng aufeinander abgestimmten Kreisläufen ablaufen, geraten aus dem Takt. Dies führt zu diversen Symptomen, aber unter anderem auch zu einer metabolischen und hormonellen Dysregulation. Was sukzessive in einer Gewichtszunahme münden kann [42].
Auf einen ausgewogenen und regulären Tag- Nacht- Rhythmus zu achten, sollte hier einer Gewichtszunahme der „schlechteren Art“ vorbeugen. Schlaf gut!
Gewichtszunahme - in a nutshell
Isst man zu viel – nimmt man zu. Und die westliche Welt isst zu viel. Prinzipiell stimmt das, das haben wir anhand der thermodynamischen Formel erarbeitet. Aber, es gibt ein großes aber: Es ist nicht so straightforeward, wie man denken könnte.
Viele Faktoren spielen eine Rolle bei der Art und der Form der Gewichtszunahme. Es gibt Personen, die Gewicht in Form von Fett zunehmen und dann gibt es Personen, die strategisch auch Gewicht an Muskulatur zunehmen. Letzteres ist gesundheitsförderlich, während zu viel einer bestimmten Sorte an Fett gesundheitsschädigend ist.
Wir sprachen über die unterschiedliche Verteilung von Fett: Fett im Unterhautgewebe ist okay. Fett um unsere Organe, so genanntes viszerales Fett, findet unser Körper gar nicht lustig.
Wir wissen auch, dass Fett nicht prinzipiell fett macht. Mehr kommt es auf die Zufuhr von zu viel Energie an, als wir verbrennen. Ganz im Gegenteil: Fett in Speisen ist Geschmacksträger, macht länger statt, hilft bei der Aufnahme fettlöslicher Vitamine und ist in einigen Fällen sogar ESSENTIELL für uns. Im Unterschied zu dem, was die „light“-Produkt Industrie und verklickern möchte.
Die Gründe für eine Gewichtszunahme sind sehr heterogen – die Psyche, Sozioökonomische Faktoren, Gewohnheiten, das Umfeld oder gezieltes Marketing und Schlaf sind einige solcher Erklärungsbeispiele.
Fazit: Nicht alles glauben, was logisch klingt. Lieber nochmals recherchieren und selber nachdenken und ausprobieren. Gerne auch ein Schläfchen darüber halten. Das gilt auch für diesen Blog 😉
- BMI und WHR messen (Letzterer ist der aussagekräftigere Wert, wenn wir wissen möchten, wie es um unsere Gesundheit bestellt ist).
- Grobe Proteinzufuhr abschätzen (Muskelerhalt ist unglaublich wichtig!!!).
- Vollfettprodukte und light-Produkte kaufen und einmal testen (jeweils für eine Woche), welche länger sättigen (als Beispiel: Joghurt). Außerdem darauf achten, wann man mehr „snackt“.
- Einmal bewusst werden, in welchem Umfeld man sich so bewegt und wie dieses unsere Gesundheit langfristig beeinflusst.
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